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Archive of Public Protests
Marmara
Euroméditerranée
Portraits
Istanbul, das über Jahrhunderte so viel Umbruch erlebt hat, eint sich über kollektiven Schwermut.
Ausgangspunkt dieser Arbeit war die zentrale Rolle des Marmarameers in der türkischen Literatur. Bei Orhan Pamuk werden die Gewässer zum Spiegel einer kollektiven Melancholie, die das Lebensgefühl Istanbuls beschreibt. Der Begriff Hüzün stammt ursprünglich aus dem Arabischen und bezeichnet Traurigkeit oder Kummer im spirituellen Sinn. Pamuk hat ihn literarisch neu gefasst – als kulturell verankerte Melancholie einer Stadt, die zwischen Glanz und Verfall, Vergangenheit und Ungewissheit lebt. Auch in Gedichten von Yahya Kemal, Ahmet Hamdi Tanpınar oder Nazım Hikmet erscheint das Meer als Projektionsfläche für Ferne, Fragilität und Verlangsamung.
Diese Stimmung ist untrennbar mit der Geschichte Istanbuls verbunden – einer Stadt, in der sich über Jahrhunderte nicht nur geografische, sondern vor allem ideologische Grenzen verhandelten. Vom Byzantinischen Reich über die osmanische Zeit bis zur modernen Türkei ist Istanbul immer wieder Schauplatz von Machtwechseln, Brüchen und Erschütterungen gewesen – geologisch durch Erdbeben, politisch durch autoritäre Regime und strukturelle Umwälzungen. Auch heute liegt die Stadt im Spannungsfeld zunehmender Repressionen, geprägt von einem politischen Klima, das Kontrolle vor Teilhabe stellt.
Die fotografische Annäherung an die Küste versteht sich als außenstehende Beobachtung, angesiedelt zwischen touristischem Blick und dem Versuch, sich einem kollektiven Zustand anzunähern, der sich einfachen Deutungen verweigert.